Borreliose und FSME
Zwei gefährliche, durch Zecken übertragene Erkrankungen
Bei aller Vorsicht ist es nicht immer zu vermeiden, dass man in der milden Jahreszeit von einem Ausflug oder Spaziergang im Grünen nicht alleine zurückkommt: eine oder gleich mehrere Zecken haben die Gelegenheit ergriffen und sich auf ihrem neuen, unfreiwilligen Wirt niedergelassen. Diesem dürfte das allerdings gar nicht recht sein, ist es doch hinlänglich bekannt, dass Zecken nicht nur harmlose, blutsaugende Parasiten bei Tieren und Menschen sind, sondern auch gefährliche Infektionskrankheiten übertragen können! Sowohl die durch Schraubenbakterien mit dem Namen Borrelien verursachte Lyme-Borreliose als auch die durch FSME-Viren hervorgerufene Hirn(haut)entündung mit der komplizierten Bezeichnung Frühsommermeningoenzephalitis sind Erkrankungen, die nicht von Mensch zu Mensch übertragen werden. Praktisch ausschließliches Infektionsrisiko für den Menschen ist der Befall mit Zecken, die ihrerseits Träger der Mikroben sind, ohne selbst daran zu erkranken.
Während des mehrtägigen Saugaktes, den eine ungestörte Zecke bis zur völligen Sättigung vollendet, bevor sie sich wieder von ihrem Wirt abfallen lässt, können die Krankheitserreger aus dem Inneren der Zecke durch den Stichkanal unter die menschliche Haut und in das darunter gelegene Gewebe gelangen. Dort finden sie dann die Bedingungen vor, die für eine weitere Vermehrung innerhalb des Organismus erforderlich sind. Dabei steigt das Risiko der Borrelienübertragung offenbar mit der Dauer des Saugaktes an. Am ersten Tag nach dem Festsetzen der Zecke auf ihrem Wirt ist das Risiko auch bei einem erregertragenden Blutsauger nur gering, während es in den Folgetagen erheblich ansteigt. Eine mögliche Erklärung dafür dürfte die Vermehrung der Borrelien noch in der Zecke sein, wenn das bereits angesaugte, frische Blut des Menschen gute Wachstumsbedingungen für die Keime innerhalb der Zecke bietet.
Nicht jeder Zeckenstich führt zu einer Erkrankung
Allerdings sind bei weitem nicht alle Zecken auch Träger der Krankheitserreger, so daß ein Zeckenstich keineswegs automatisch ein Infektionsrisiko für die Lyme-Borreliose oder die FSME-Erkrankung darstellt. Zwar ist die Borrelieninfektion in ganz Deutschland verbreitet, aber nur zwischen 10 und 30 % der Zecken sind Träger der Bakterien. Dabei scheinen die jüngeren Entwicklungsformen der Zecken, nämlich die Larven und Nymphen, eine niedrigere Befallsrate zu haben als die erwachsenen Tiere, die in der Fachsprache auch Adulte genannt werden. Auch führt bei weitem nicht jeder Stich mit einer infizierten Zecke auch zur Erregerübertragung, und nicht jede Übertragung führt zur Erkrankung. Die körpereigenen Abwehrkräfte scheinen nämlich in den meisten Fällen in der Lage zu sein, eine Borrelien-Infektion frühzeitig zu beenden, noch bevor ernst zu nehmende Symptome auftreten.
Für die Erreger der Hirnhautentzündung stellt sich die Situation anders dar. Erkrankungen durch die gefährlichen FSME-Viren treten in Deutschland praktisch ausschließlich in der Südhälfte auf. Dabei ist die Verteilung nicht gleichmäßig, sondern in jedem Jahr stellen sich immer wieder einige Bezirke als besonders gefährlich heraus. Man spricht dann von einem sogenannten Endemieherd. Teilweise werden hier in bis zu 90 % der Zecken FSME-Erreger nachgewiesen! Dem gegenüber treten vielleicht in anderen, direkt benachbarten Landkreisen nur sehr wenige Erkrankungen auf, und die Virusrate in den Zecken ist entsprechend niedrig. Da die FSME in Deutschland eine gesetzlich meldepflichtige Erkrankung darstellt, laufen jedes Jahr repräsentative Daten bei den Gesundheitsbehörden zusammen. Allerdings dürfte es zusätzlich eine nennenswerte Anzahl nicht als solche erkannter und deshalb auch nicht gemeldeter FSME-Fälle geben. Diese Daten werden in jährlich aktualisierte Landkarten eingetragen, die man in seiner Apotheke, bei den Impfstoffherstellern oder direkt bei der zuständigen Gesundheitsbehörde, dem Robert-Koch-Institut in Berlin einsehen kann. Wenn man in den gefährdeten Bezirken lebt, einen Urlaub dort plant oder aus anderen Gründen ein Aufenthalt dort bevorsteht, sollte man rechtzeitig mit seinem Arzt über die Möglichkeit einer Schutzimpfung sprechen. Im Falle eines Zeckenstichs ist man nach erfolgreicher FSME-Impfung nämlich immun gegenüber dem Virus der Frühsommermeningoenzephalitis.
Aber Achtung: gegen die Borrelien nützt dies Schutzimpfung überhaupt nichts, man ist ganz genauso gefährdet wie eine nicht geimpfte Person! Leider ist für den Menschen momentan, anders als für die Hunde, kein einziger Borrelienimpfstoff verfügbar.